Hintergrund
Am 4. September 2022 wurde ein drittes Entlastungspaket von den Koalitionsparteien vorgestellt. Eine seiner Maßnahmen war eine Einmalzahlung an Rentnerinnen und Rentner in Höhe von 300 Euro. Dabei diente für gesetzlich Rentenversicherte die Deutsche Rentenversicherung als Auszahlungsstelle für diese Bundesmittel. Die Rentnerinnen und Rentner von berufsständischen Versorgungswerken blieben, ebenso wie beispielsweise die pensionierten Landesbeamten, in der beschriebenen Maßnahme unerwähnt. Die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV), der Dachverband aller Versorgungswerke, hat daher umgehend die Mitglieder des Koalitionsausschusses, beginnend mit Herrn Bundeskanzler Olaf Scholz, die am 3. September 2022 an der Aushandlung des Pakets beteiligt waren, sowie die beteiligten Ministerien angeschrieben und um die Korrektur dieser verfassungswidrigen Regelungslücke gebeten. Gegenüber dem federführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurde noch einmal gesondert zur Formulierungshilfe der Ampelkoalitionen für den Entwurf eines Gesetzes zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs Stellung genommen. Am 30. September 2022 wurden zusätzlich alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder auf die Ungleichbehandlung hingewiesen und um Abhilfe gebeten.
Darüber hinaus haben auf Initiative der Präsidentin der BWVA, Frau Dr. Eva Hemberger, am 26. Oktober 2022 alle baden-württembergischen Versorgungswerke Herrn Ministerpräsident Kretschmann, den Sozialminister, den Innenminister, den Finanzminister und die Justizministerin angeschrieben und zur Unterstützung unseres Anliegens aufgefordert.
Die Bundesregierung stellte sich zunächst ausweislich der Antworten der Bundesministerien für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) sowie für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf den Standpunkt, dass es Sache der Länder sei, sich um die Energiepreispauschale von Rentnerinnen und Rentnern der berufsständischen Versorgungswerke zu kümmern. Dies deshalb, weil die berufsständischen Versorgungswerke in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fielen. Grund für die Ausnahme von der Zahlung des Bundes sei in erster Linie, dass die berufsständischen Versorgungseinrichtungen auf Landesrecht beruhten. Ob die Rentnerinnen und Rentner dieser Versorgungswerke eine Energiepreispauschale entsprechend beispielsweise den Rentnerinnen und Rentnern der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten sollen und wer diese finanziere, sei deshalb eine Frage, die auf Landesebene angestoßen und beantwortet werden muss.
Stellvertretend für alle angeschriebenen Landesministerien hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg mit Schreiben vom 17. Februar 2023 an die Präsidentin der BWVA, ausdrücklich bestätigt, dass die Arbeits- und Sozialministerkonferenz das Anliegen vom 26. Oktober 2022 unverzüglich aufgegriffen und bereits im Rahmen der 99. Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder am 30. November und 1. Dezember 2022 erörtert habe. Die Länder haben sich dabei einstimmig dafür ausgesprochen, dass die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro allen Menschen zu Gute kommt. So sollten zum Beispiel auch Bezieherinnen und Bezieher von Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz, Renten der gesetzlichen Unfallversicherung oder Leistungen der berufsständischen Versorgungswerke zu den Anspruchsberechtigten gehören. Die Länder haben die Bundesregierung aufgefordert, zügig zu prüfen, welche Personengruppen bislang keinen Einmalbetrag zur Entlastung von den steigenden Energiepreisen erhalten und die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass diese Personengruppen einbezogen werden (vgl. Bundesrats-Drucksache 523/1/22). Die Länder gehen ihrerseits davon aus, dass der Bund diese klare Positionierung der Länder aufgreifen wird.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Frau Kerstin Griese, MdB, sagte in der 1026. Plenarsitzung des Bundesrates zu, dass die Bundesregierung ernsthaft prüfen werde, welche Gruppen bisher keine Energiepreispauschale erhalten haben und wie sie ihnen gewährt werden kann.
Ergebnis der Prüfung
Das Ergebnis der Prüfung liegt mittlerweile vor (Ausschussdrucksache 20(11)309 des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales). In dieser wird deutlich, dass sich die Bundesregierung hinsichtlich der Rentnerinnen und Rentner der berufsständischen Versorgungswerke keinen Millimeter bewegt hat. Während sie bei anderen bisher nicht berücksichtigten Gruppen geltend macht, dass angesichts dreier Entlastungspakete und des wirtschaftlichen Abwehrschirms nur noch schwer zu identifizierende Einzelfälle übrig sind, bleibt sie bei den Versorgungswerksmitgliedern bei ihrer Kompetenz-Argumentation: „Die berufsständischen Versorgungseinrichtungen beruhen auf Landesrecht. Ob die Rentnerinnen und Rentner dieser Versorgungswerke eine Energiepreispauschale erhalten sollen, ist deshalb eine Frage, die auf Landesebene beantwortet werden muss.“
Die ABV hält diese Auffassung rechtlich für nicht haltbar. Es geht hier nicht um eine Gesetzgebung, die die berufsständischen Versorgungswerke betrifft; es geht um eine Entlastungsmaßnahme für Bürgerinnen und Bürger, die Rente beziehen, die aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht wird. Das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen bestätigt unsere Auffassung, dass die Energiepreispauschale eine Entlastungsmaßnahme für Bürgerinnen und Bürger, welche Rente beziehen, die aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht wird. Da es sich eben nicht um eine beitragsfinanzierte Rentenleistung, sondern um eine steuerfinanzierte Sozialleistung handele, habe „der Bundesgesetzgeber sehr wohl die Kompetenz, die Energiepreispauschale auch den Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger zukommen zu lassen“.
Idee einer Berücksichtigung im Rahmen der Steuererklärung
Die ABV hat daher mit Schreiben vom 26. Mai 2023 das Bundesministerium der Finanzen angeschrieben mit der Bitte um Prüfung, ob eine Anlage in der Einkommenssteuererklärung insoweit ergänzt werden könne, dass man auch als Rentenleistungsbezieher angeben kann, wenn man keine Energiekostenpauschale erhalten hat. Folgen dieses Vorschlags wären zum einen eine problemlose Erreichbarkeit der betroffenen Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher und damit eine einfache Administrierbarkeit des Vorhabens im Rahmen der allgemeinen Steuerverwaltung, zum anderen erfolgte die Auszahlung oder Anrechnung systemgerecht auf Bundesebene. Lediglich die Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher der berufsständischen Versorgungseinrichtungen wären zu informieren; dazu böten sich – ohne die Notwendigkeit zu einer gesetzlichen Verfügung außerhalb der Bundeskompetenz – die Versorgungswerke über ihre etablierten Kommunikationswege an.
Dieser, wie wir finden, guten und vor allen Dingen sachgerechten Idee, wurde mit Schreiben vom 6. Juli 2023 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Absage erteilt.
Der Vorstand der ABV wird nunmehr beraten, ob noch weitere Schritte der ABV zur Beförderung der berechtigen Forderung der Versorgungsempfänger unserer Einrichtungen erfolgversprechend sind.
Initiative der Präsidentin der BWVA, Frau Dr. Eva Hemberger
Die Präsidentin der BWVA, Frau Dr. Eva Hemberger, hat in ihrer Rede in der Vertreterversammlung der Versorgungsanstalt die anwesende Vertreterin des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg gebeten, das Thema noch einmal mit ins Ministerium zu nehmen. Daraufhin wurde zugesagt, das Thema federführend in die Vorkonferenz der Amtschefinnen und Amtschefs zur 100. Arbeits- und Sozialministerkonferenz erneut einzubringen.
Alle aktuellen Informationen zur Energiepreispauschale erhalten Sie weiterhin auf unserer Homepage.